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Miges Baumann

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Entrevista amb Miges Baumann (Membre de la Fundació “Brot für alle”: Director del Departament de Política i Desenvolupament)Gespräch mit Miges Baumann (Mitglied der Stiftung „Brot für alle“ Leiter der Abteilung für Politik und Entwicklung)Entrevista con Miges Baumann (Miembro de la Fundación “Brot für alle”: Director del Departamento de Política y Desarrollo).

L’entrevista es va realitzar al maig del 2010 a Berna. / Das Gespräch fand im Mai 2010 in Bern statt.Ziele der Entwicklungspolitik und Handlungsbereiche von Brot für alle.

Objectius de la política del desenvolupament i àmbits d’actuació de Brot für alle [Pa per a tots].

 

Ziele der Entwicklungspolitik und Handlungsbereiche von Brot für alle.

 

Metas de la política del desarrollo y ámbitos de actuación de Brot für alle[Pan para todos].

Entrevista / Interviews / Entrevista

Miges Baumann

Leiter des Ressorts Entwicklungspolitik der Stiftung Brot für alle

 

Konzeption und Leitung des Projekts: Francesc Abad

Philosophische Beratung: Claudia Kalász

Postproduktion (Bild und Ton): Adolf Alcañíz

Kamera: Adolf Alcañíz

Ort und Zeit des Interviews: Bern, 19.5.2010

© des Interviewbeitrags: Miges Baumann

 

Miges Baumann

Director del Departament de Política i Desenvolupament de la Fundació “Brot für alle”

 

Concepció i direcció del projecte: Francesc Abad

Assessorament filosòfic: Claudia Kalász

Edició i so: Adolf Alcañiz

Càmera: Adof Alcañiz

Lloc i dia de l’entrevista: Bern, 19.5.2010

© del contingut de l’entrevista: Miges Baumann

 

Ziele der Entwicklungspolitik und Handlungsbereiche von "Brot für alle" #00:00:05#

 

Für uns in der Entwicklungspolitik geht es eigentlich darum, die Rahmenbedingungen zu gestalten, in denen dann Entwicklung stattfinden kann. Es gibt ja dieses chinesische Sprichwort, wonach man einem Hungernden einen Fisch geben kann, dann hat er einen Tag zu essen. Wenn man ihn Fischen lehrt, dann kann er sich sein Leben lang etwas verdienen. Aber dann kommt ja die Frage: Und was passiert, wenn der Fluss vergiftet ist oder er kein Recht hat zu fischen? Dort kommt für uns dann eine weitere Dimension rein, die ebenso wichtig ist. Den Fisch geben, das wäre die Nothilfe. Das Fischen lehren, das wäre die Entwicklungshilfe, die Entwicklungszusammenarbeit. Und dann eigentlich die größeren Rahmenbedingungen zu gestalten, das ist die Entwicklungspolitik. Denn ohne die guten Rahmenbedingungen kann darin auch nicht Entwicklung stattfinden. So sehen wir das eigentlich als Konzept, und deshalb haben wir uns konzentriert auf einige Themen, die wir global wichtig finden:

-Das ist die ganze Finanz- und Korruptionsfrage, das ist die Frage der fairen Arbeitsbedingungen und des fairen Handels.

-Das sind weiter die Problematik des Klimawandels und die Nord-Süd-Aspekte in diesem Bereich.

-Und dann das Recht auf Nahrung. Das steht ja eigentlich schon in unserem Programm: „Brot für alle“. Eben das Recht auf Nahrung für alle.  

In diesen vier Bereichen arbeiten wir entwicklungspolitisch. Das bedeutet für uns, dass wir uns hier in der Schweiz, aber auch in Europa, in internationalen Gremien einmischen, zusammen mit anderen Partnern, und Einfluss nehmen auf die Rahmenbedingungen. Das bedeutet aber auch, dass wir unsere Partner im Süden, in der Dritten Welt darin unterstützen, dass sie mit diesen Themen umgehen können und sich auch einmischen können, um zum Beispiel sich vorbereiten zu können auf kommende Bedrohungen wie den Klimawandel, dass sie sich vorbereiten können in ihrer Projektarbeit. Das ist so generell unsere Philosophie. Wir konzentrieren uns bewusst nur auf diese vier Themen, damit wir uns nicht zu stark verzetteln.

 

 

Kooperation in der Dritten Welt: Einstellung auf den Klimawandel und Durchsetzung besserer Arbeitsbedingungen #00:02:31-21#

 

Ich kann ein Beispiel aus dem Klimawandel anführen. Da geben wir mit dem Partner zusammen Kurse „Wie können Sie dem Klimawandel begegnen?“ Wie müssen die Leute die Projekte analysieren, die sie machen, also ihre ganze Umgebung, wo sie leben, ihre Lebensbedingungen analysieren, um auf die künftigen Bedrohungen einzugehen. Und dann werden ihre Entwicklungsbemühungen sicher anders aussehen als vorher. Das tönt vielleicht immer noch etwas abstrakt.

Ich kann Ihnen ein anderes Beispiel geben aus dem Bereich „Faire Arbeit“. Wir haben eine Kampagne lanciert vor zwei Jahren über die Arbeitsbedingungen in der Computerindustrie, in der Fertigung in China. Das ist dieses Plakat, wo wir auf die Billigarbeiterinnen und die schlechten Arbeitsbedingungen hingewiesen haben und auch ein Ranking gemacht haben über die verschiedenen Brands. Mit der Computerfirma Hewlett Packard haben wir dann vereinbart, dass wir in gemeinsamen Schritten vorangehen und zum Beispiel in China, in Lieferantenbetrieben ein unabhängiges Bildungsprogramm, Pilotprogramm durchführen, damit die Arbeiterinnen über ihre Rechte und die Arbeitsrechte in China ausgebildet werden.

Das ist ein erster Schritt. Das kam nicht über das Management der lokalen Firma in China, sondern das wurde von außen, von anderen Partnern, die auf diesem Gebiet arbeiten, mit den Arbeiterinnen zusammen gemacht. Das ist so ein konkretes Beispiel, wie dann die Arbeiterinnen in der Fabrik geschult werden könnten und in diesen Fabriken auch geschult wurden, und sich dann weiter selber helfen könnten, indem sie Komitees gründen und dann ein Ansprechpartner sind gegenüber dem Management in dieser Fabrik. Die soziale Verantwortung der Firmen: Das haben sehr viele Firmen eingesehen, dass das erstens ein komparativer Vorteil ist gegenüber anderen Firmen, wenn sie das machen, dass sie Risikos vermindern. Wenn sie nämlich ein Imageproblem haben plötzlich und ihre Produkte, ihre Computer oder ein Handy oder ein anderer Elektronikartikel mit Kinderarbeit, mit Ausbeutung in Verbindung gebracht wir, dann wird das nicht mehr so gern gekauft. Viele Firmen haben aber auch gesehen, dass sie wirklich einen Beitrag leisten können und sollen und wollen zu der Entwicklung in der Region, in der sie tätig sind. Es geht nicht gegen die Interessen der Firma. Kurzfristig vielleicht kostet es etwas, aber langfristig bringt das ganz sicher viel mehr, und das ist eben die Vision, die auch wir teilen, dass die wirtschaftliche Entwicklung dort stattfinden muss, und den Menschen zugute kommen muss, wo die Firmen aktiv sind.

 

 

Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen #00:05:36-8#

 

Hier in der Schweiz kooperieren wir sehr stark mit unserem katholischen Partner Fastenopfer; dann weiter mit anderen Hilfswerken in Alliance Sud, das ist unsere sogenannte Lobby-Stelle, die auch gegenüber der Regierung in der Schweiz aktiv ist. Auf internationaler Ebene sind wir in verschiedenen Netzwerken eingebunden. Dort sind wir zum Beispiel auch engagiert bei Konferenzen der FAO, der UNO-Landwirtschaftsorganisation, wenn es um die Frage des Rechts auf Nahrung geht. Da waren wir präsent. Auch bei globalen Konferenzen, wo es um den Hunger oder die Nahrungssicherung geht, sind wir präsent, zusammen mit anderen Partnern, und sprechen uns ab, welche Eingaben wir machen, wer dann zum Beispiel auch in der Vollversammlung der Staaten etwas sagt. So nehmen wir daran teil und wir haben Kontakte zu diesen internationalen Organisationen.

Es ist vielleicht nicht jedes Mal jemand von uns, der dann direkt dort auftritt, auch wenn wir an Ensure-Konferenzen teilnehmen. Es ist immer wichtig, sich so abzusprechen, dass die Organisation, oder die Person, die am meisten oder sehr viel damit schon gearbeitet hat, dann auch auftritt, aber eigentlich die anderen Vertreter oder die restliche Zivilgesellschaft mit vertritt dabei. Und deshalb gibt es immer große Diskussionen zuerst, in welche Richtung wollen wir gehen, usw. Und natürlich kritisieren wir manchmal diese großen UNO-Institutionen auch, wenn sie jetzt einen Entwicklungsweg fördern, den wir nicht als zukunftsfähig ansehen. In der Landwirtschaft ist das zum Beispiel so. Die industrielle Landwirtschaftsentwicklung, die mit viel Chemie und Dünger [arbeitet] und klimaschädlich ist, langfristig - da fordern wir zusammen mit Bauernorganisationen, mit anderen zivigesellschaftlichen Organisationen, dass man einen anderen Weg gehen muss, einen nachhaltigen Weg, nachhaltige Landwirtschaft [fördern muss], vor allem auf kleinbäuerliche Situationen ausgerichtet. Es sind ja eigentlich diese Bauern, die die Landwirtschaft betreiben, die dann auch die Ernährung der Bevölkerung sicherstellt. Wir halten uns ziemlich raus aus den Parteidebatten. Es ist sicher so, dass Parteien, die Nachhaltigkeit oder soziale Gerechtigkeit höher in ihren programmatischen Punkten bewerten, dass die näher bei uns stehen und wir mit denen besser zusammenarbeiten können, aber wir haben auch zum Beispiel einen Präsidenten in unserer Stiftung, der war lange Zeit im Parlament für eine Partei, die eher rechts steht. Also, da haben wir eigentlich keine Berührungsängste, solange die Personen in diesen Parteien auch die ähnlichen Ziele verfolgen wie wir, eben soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit. Dann können wir sehr gut mit denen zusammenarbeiten.

 

 

Möglichkeiten in Spanien, theologische Begriffe in eine real-utopische Praxis umzusetzen #00:08:49-2#

 

Wenn es um zivilgesellschaftliche Organisationen geht, da haben wir auch Kontakte mit Organisationen in Spanien. Es geht ja sicher auch über kirchliche Organisationen, dann mehr im katholischen Bereich über unseren katholischen Partner, das geht schon. Einer unserer wichtigsten Partner im Bereich Recht auf Nahrung und Landwirtschaft, das ist Genetic Resources Action International (GRAIN). Die [NGO] hat ihren Ursprung und ihren Sitz in Barcelona und arbeitet auch in Spanien, aber natürlich auch weltweit. Das ist jetzt mittlerweile ein weltweites Netzwerk. Aber ich denke, das geht in Spanien. Die Probleme sind ähnlich oder dieselben. Firmen sind heute die gleichen in Spanien wie hier in der Schweiz oder in China. Es sind globale Firmen und ich denke, da müssen wir wirklich zusammenarbeiten, in diesen Netzwerken, in denen wir sind. Zum Beispiel im Computerbereich sind wir in einem Netzwerk Good Electronics. Da sind auch spanische Partner dabei. Also, so zu arbeiten, das geht problemlos, auch in Spanien. Es gibt vielleicht nicht diese Kombination, wo direkte Entwicklungszusammenarbeit und Politik gemacht wird, aber es gibt sicher... Ich kenne in Barcelona eine Organisation namens Intermon, die machen auch entwicklungspolitische Aktionen. Sie haben vielleicht nicht noch einen Arm, der die Entwicklungszusammenarbeit macht, aber das ist vielleicht bei uns speziell, dass wir das im gleichen Haus in der gleichen Organisation machen.

 

 

Die Chancen der Dritten Welt gegen die kapitalistische Globalisierung #00:10:39-1#

 

Ich vertraue darauf, dass die Bevölkerung in diesen Ländern sich so stark artikulieren kann, dass dann auch die Regierungen Maßnahmen ergreifen, die in ihrem Interesse sind und nicht die Seite wechseln hin zu den eher globalisierenden Unternehmen, um selber kurzfristig in ihre eigenen Taschen zu wirtschaften. Wenn das funktioniert, diese demokratische Rückkoppelung der Regierung mit der Bevölkerung, die sehr klar weiß, was sie möchte und das ausdrücken kann, dann haben die Länder sicher eine bessere Chance. Und ich denke, mit der Zeit... gerade in der Klimafrage ist es klar, dass es nicht nur die Industriestaaten betrifft, sondern auch die Entwicklungsländer und das Problem nicht gelöst werden kann, wenn nur die Industriestaaten oder nur die Entwicklungsländer etwas machen. Da ist ganz klar, dass alle zusammenarbeiten müssen, sonst lösen wir dieses Problem nicht. Und klar sitzen wir oft am kürzeren Hebel, weil in gewissen internationalen Verhandlungen oft ein power play gespielt wird und Interessenvertretung des Nordens gemacht wird. Aber das soll uns nicht hindern, diese Hoffnung zu haben und diese Bewegungen im Süden zu unterstützen, die eben auch mehr von ihren Regierungen und mehr Chancen einfordern im globalen Zusammenspiel.

Das ist oft so, dass die globalen Interessen gewinnen, weil sie stärker sind, aber es gibt Gegenbeispiele. Gerade in diesem Bereich, wo wir jetzt stark arbeiten, des land crabbings, wo Staaten des Nahen Ostens, China, aber auch Firmen und Banken und Hedgefonds Land in riesigen Mengen aufkaufen in der Dritten Welt. Das ist, um globale Bedürfnisse zu befriedigen, um Agrotreibstoffe zu produzieren, um Nahrungsmittel für den Norden zu produzieren, um Profite zu machen. Aber auch dort gibt es Beispiele, dass es nicht immer nur die globalen Interessen sind, die gewinnen. Madagaskar ist das Beispiel. Da hat die Firma DELWO hunderttausende Hektar Land gepachtet, einen Deal gemacht mit der Regierung. Das hat aber so einen starken Sturm der Entrüstung im Land selber hervorgerufen, dass die Regierung gestürzt worden ist wegen diesem Deal und dieser Deal rückgängig gemacht worden ist. Da haben also lokale und nationale Ebenen und Interessen bezüglich der Nahrungsversorgung, der Landbenutzung gewonnen gegenüber den globalen Interessen. Und solche Beispiele gibt es immer wieder, und die geben uns natürlich auch Hoffnung und Mut.

 

 

Der Kreislauf von Solidarität und Hoffnung #00:13:31-2#

 

Es ist sicher so: Hoffnung gibt mir zum Beispiel, wenn sich eine Gruppe in einer Bevölkerung gegen etwas wehrt, dass sie gegen die globale Dominanz ist. Was wir dann machen können, zum Beispiel im Bereich land crabbing in Benar: Dort unterstützen wir eine Bauernorganisation, die sich gegen diesen Landausverkauf wehrt, und wir hoffen natürlich, dass dann durch unsere Unterstützung die Bewegung stärker ist und dieser Landkauf oder dieser Landausverkauf mindestens gebremst oder sogar gestoppt werden kann. So kann durch unsere Unterstützung etwas passieren, das uns dann wieder Hoffnung gibt - nicht nur uns, sondern ganz vielen anderen auch. Das sind so Kreisläufe, die dann in Gang kommen, auch der Solidarität.

Wenn ich nur hier am Schreibtisch analysiere, was geschieht, dann komme ich sehr schnell in dieses Gefühl der Ohnmacht und erstaunlicherweise ist es ja gerade dann, wenn ich Personen im Süden treffe, die auch kämpfen, dann bin ich plötzlich nicht mehr in dieser Ohnmacht, sondern sehe, dass hier ganz viele sind, die vom gleichen Prinzip der Hoffnung ausgehen und etwas machen und das gibt mir wieder Kraft und die kann ich weitertragen. Das ist sehr wichtig. Ich habe natürlich mein ganzes Berufsleben in dieselbe Richtung gelegt: nachhaltige Entwicklung. Zuvor bei anderen Organisationen, die ähnlich arbeiten. Ich war bei Greenpeace International, ich habe auch in der Verwaltung gearbeitet, aber es sind immer ähnliche Themen, die mich über mein ganzes Leben begleitet haben. Das war dann auch die Motivation hierhin zu kommen. Nicht, weil ich hier die Hoffnung finden wollte, sondern weil ich die Hoffnung schon hatte und dachte, hier kann ich noch etwas mehr verwirklichen davon: eine Wirtschaft, die solidarisch und respektvoll und verantwortungsvoll agiert, weltweit, damit nicht nur einige wenige, sondern wirklich die große Mehrheit davon profitieren kann.

Wir haben natürlich Leute hier, die sehr stark auch für andere Methoden als nur Wissensvermittlung arbeiten: mit Musik, mit Gedichten, mit Lesungen, die andere Sinne ansprechen, Gesang zum Beispiel. Das ist eine Art, diesen Hunger nach Spiritualität zu verwirklichen.

Und wenn wir Partner treffen, dann ist ja nicht einfach nur der intellektuelle Austausch wichtig, sondern eben die Freundschaft und der Austausch auf der persönlichen Ebene, der ebenso wichtig ist. Das ist für mich sehr stark, auch eben dieses Kulturelle und Spirituelle, das in dieser Arbeit sehr viel zählt und viel ausmacht.

Miges Baumann (CAT)

 

Des de l’any 2006 dirigeix la política de desenvolupament de la fundació suïssa  “Pa per a tothom”. Va estudiar Economia política, Història i Etnologia a les Universitats de Berna i Zurich.

Miges Baumann (DE)

 

Seit 2006 leitet er die Entwicklungspolitik der schweizer Stiftung „Brot für alle“. Er studierte an den Universitäten von Bern und Zürich politische Ökonomie, Geschichte und Ethnologie.

Miges Baumann (CAST)

 

Desde 2006 dirige la política de desarrollo de la fundación suiza “Pan para todos”. Cursó estudios de Economía política, Historia y Etnología en las Universidades de Berna y Zúrich.

Publicacions (selecció) / Veröffentlichungen (Auswahl) / Publicaciones (selección)

Miges Baumann et al.: The life industry : biodiversity, people and profits.

 

London : Intermediate Technology Publications, 1996.